Machtwechsel in Hessen ist geplatzt

Der geplante Machtwechsel in Hessen ist auch im zweiten Anlauf geplatzt. Vier Abgeordnete der SPD-Landtagsfraktion verweigern ihrer Fraktionschefin Andrea Ypsilanti die Stimme.
Sie wollen sie nicht zur Ministerpräsidentin wählen, wie die SPD-Abgeordnete Dagmar Metzger am Montag der Deutschen Presse-Agentur dpa in Wiesbaden sagte. «Insofern wird morgen keine Abstimmung stattfinden.» Metzger bestätigte entsprechende Informationen des Hessischen Rundfunks.
Ypsilanti wollte sich am Dienstag im Landtag zur Wahl stellen und eine von der Linken tolerierte rot-grüne Minderheitsregierung bilden. So sollte die seit der Landtagswahl im Januar nur noch geschäftsführende CDU-Alleinregierung von Ministerpräsident Roland Koch abgelöst werden. Ypsilanti kommt nun aber nicht mehr auf die erforderliche Mehrheit von 56 der 110 Stimmen im Landtag. SPD, Grüne und Linke stellen zusammen 57 Abgeordnete.
Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering bezeichnete den gescheiterten Machtwechsel in Wiesbaden als «schweren Schlag» für die hessische SPD. Im SPD-Präsidium habe die Nachricht am Montagvormittag eine «Mischung aus Betroffenheit und Empörung» ausgelöst, sagte Müntefering in Berlin. Die CDU-Spitze warf der neuen SPD-Bundesführung mit Müntefering und Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier Versagen vor. «Herr Müntefering und Herr Steinmeier haben nicht die Führungskraft aufgebracht, Frau Ypsilanti zu stoppen», sagte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla.
Auch die Spitze der hessischen SPD wurde von der Ankündigung vollkommen überrascht. Generalsekretär Norbert Schmitt sprach von einem Verstoß gegen Grundprinzipien der SPD, «gegen Solidarität, Demokratie und menschliche Fairness». «Da hat mancher sein Gewissen sehr spät entdeckt.» Es habe viele Gespräche gegeben auch mit den vier Angehörigen der Gruppe. Das Signal sei immer gewesen, dass man bereit sei, den Weg zu gehen.
Am Samstag hatte die Partei die Koalitionsvereinbarung mit den Grünen gebilligt, Walter und Metzger erklärten dabei jedoch ihre Ablehnung des Vertrags. Auf sein Verhalten bei der Abstimmung ging Walter dabei nicht ein. Auch die Grünen hatten der Vereinbarung zugestimmt, der Koalitionsvertrag sollte eigentlich noch am Montag unterzeichnet werden. Grünen-Chef Tarek Al-Wazir hatte die SPD noch am Sonntag zu Geschlossenheit aufgerufen. Wenn der angestrebte Regierungswechsel am internen Zwist der Sozialdemokraten scheitere, falle die SPD auf lange Zeit als Regierungskraft in Hessen aus, warnte er.
Die Linken-Fraktion sprach von «einem schwarzen Tag für Hessen». Der rechte SPD-Parteiflügel ermögliche es, dass «Vertreter der Stahlhelm-Fraktion der CDU weiter auf der Regierungsbank Platz nehmen dürfen», sagte ein Sprecher. Harte Kritik äußerte der Abgeordnete Hermann Schaus: «Solche hinterlistigen Schweine - das habe ich selbst Jürgen Walter nicht zugetraut.»
Walter sagte, er sehe durch eine rot-grüne Minderheitsregierung unter Tolerierung der Linken Zehntausende Arbeitsplätze in Hessen gefährdet. «Ich war in den letzten Monaten permanent hin- und hergerissen.» Er hatte vor allem die Vereinbarungen zum Ausbau des Frankfurter Flughafens scharf kritisiert.
Die SPD-Abgeordneten wollten ihr Mandat behalten, sagte Everts. Man biete der Fraktion weiterhin die Zusammenarbeit an. Sie habe sich unter starkem Druck gefühlt, sagte die SPD-Abgeordnete Tesch. Ihre Bedenken gegen den Linkskurs seien von der Fraktionsführung «regelmäßig ignoriert und ausgeblendet» worden. Die vier SPD-Abweichler plädieren nun für eine Regierungsbildung ohne Beteiligung der Linkspartei.

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